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Donnerstag, Juni 19, 2025

Razzia gegen die Medienfreiheit – Schweizerzeit Verlags AG


Die Geschichte

Am 3. Juni 2025 marschierte morgens um 8 Uhr ein Zürcher Staatsanwalt mit einem halben Dutzend Polizisten beim Finanzblog «Inside Paradeplatz» (IP) von Einzelunternehmer Lukas Hässig ein und beschlagnahmte Unterlagen und elektronische Geräte. Vermutlich sind auch die Handys dabei, mit denen Lukas jeweils unsere wöchentlichen Video-Interviews aufzeichnet. Das ist recht bemerkenswert, wurde doch seit dem Sturm von Bundesanwältin Carla del Ponte auf die Redaktion der «SonntagsZeitung» vor rund 30 Jahren nichts Vergleichbares mehr vermerkt.

Es geht um eine mutmassliche Verletzung des Bankgeheimnisses durch Lukas Hässig, die er vor rund neun Jahren in drei Artikeln in seinem Finanzblog zu Vorgängen in der Financial institution Bär begangen haben soll. Es ging um Geschäfte von Pierin Vincenz und Beat Stocker, die vor drei Jahren durch das Bezirksgericht Zürich zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Zürcher Staatsanwaltschaft wurde bezüglich Bankgeheimnisverletzung ab 2019 aktiv. Es struggle und ist vor allem Beat Stocker, der als Privatkläger gegen Lukas Hässig vorgeht.

Das Bankgeheimnis

Das Bankgeheimnis (Artwork. 47 BankG) schützt Kunden einer Financial institution davor, dass Angestellte oder Organe der Financial institution die Geheimnisse der Kunden Dritten gegenüber offenbaren. Die maximale Strafe für die vorsätzliche Verletzung des Bankgeheimnisses beträgt drei Jahre. Seit dem 1. Juli 2015 wird auch bestraft, wer ein «offenbartes Geheimnis weiteren Personen offenbart oder für sich oder einen anderen ausnützt». Angeblich sollten durch diese Gesetzesrevision die Kunden und der Finanzplatz noch besser geschützt werden. Tatsächlich richtet er sich gegen Medienschaffende, falls sie Informationen aus gestohlenen Bankdaten veröffentlichen, und dies auch dann, wenn solche Informationen wahr und im öffentlichen Interesse sind.

Die Pressefreiheit in der Schweiz

Die Revision von BankG Artwork. 47 von 2015 richtet sich gegen die Medienfreiheit. Sie hilft dagegen nichts zum Schutz des Finanzplatzes und der ehrlichen Bankkunden. In der Rangliste der Pressefreiheit 2025 von «Reporter ohne Grenzen» (RSF) rangiert die Schweiz auf dem guten 9. Rang, deutlich hinter den nordischen Ländern. RSF schreibt dazu: «Eines der grössten Defizite hinsichtlich der Pressefreiheit in der Schweiz ist und bleibt Artwork. 47 des Bankengesetzes. Dieser Passus kriminalisiert investigativen Journalismus über Financial institution- und Finanzthemen». In der Kategorie «Rechtlicher Kontext» figuriert die Schweiz nur auf dem 15. Platz.

Wie weiter?

Das Parlament sollte die unsinnige Ergänzung des Artikels 47 des Bankengesetzes wieder abschaffen. Das wird eine Weile dauern.

In der Zwischenzeit sollten Staatsanwaltschaften und Gerichte darauf verzichten, mit dieser unsinnigen Regel Journalisten und Medien zu verfolgen. Bei der Zürcher Staatsanwaltschaft renne ich damit wohl offene Türen ein. Bereits Ende 2021 sistierte die Staatsanwaltschaft das Bankgeheimnis-Verfahren gegen Hässig. Gegen die Sistierung wehrte sich Beat Stocker. Deshalb wurde Lukas Hässig vor zwei Jahren wieder vorgeladen, als «Auskunftsperson». Im Herbst 2023 sistierte die Staatsanwaltschaft zum zweiten Mal. Im März 2024 beauftragte das Obergericht die Staatsanwaltschaft faktisch, hart gegen Lukas Hässig vorzugehen. Nach weiterem Hin und Her reichte Beat Stocker beim Obergericht eine Beschwerde gegen die Staatsanwaltschaft ein, wegen Rechtsverzögerung.

Rechtsverzögerungen

Für die wahre Rechtsverzögerung, und zwar des Verfahrens gegen Beat Stocker und Pierin Vincenz, ist nicht die Staatsanwaltschaft verantwortlich, sondern das Zürcher Obergericht, welches sich weigerte, zum Urteil des Bezirksgerichtes vor drei Jahren materiell Stellung zu nehmen. Auch dieses Geschäft dürfte als ewiges Rechtsgeschäft in die unrühmliche Geschichte der Verfolgung von Wirtschaftsstraftaten in der Schweiz eingehen. Vielleicht wird die Revision von Artikel 47 des Bankengesetzes zum Schutz der Medienfreiheit noch vor dem endgültigen Entscheid im Strafverfahren gegen Beat Stocker und Pierin Vincenz erfolgen. Wer weiss?

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