5.6 C
New York City
Samstag, März 15, 2025

Ein mythisches Klangerlebnis



Ein mythisches Klangerlebnis

Im Rahmen von «Arosa Kultur» stiess Andrea Wiesli, die Musikkuratorin des Appenzeller Boards, auf den südkoreanischen Geiger Alexander Received-Ho Kim. Sein virtuoses Spiel begeisterte sie restlos, sodass sie ihn in Zusammenarbeit mit «Arosa Kultur» und der «Hans Schaeuble Stiftung» nach Gonten einlud. Begleitet wurde er von der deutsch-griechischen Pianistin Kiveli Dörken. Die beiden jungen Musiker können auf eine langjährige Karriere zurückblicken, in der sie schon zahlreiche Preise gewonnen haben – absolut zu Recht, wie sie am Sonntag unter Beweis stellten.

Received-Ho Kim: molto espressivo

Auf dem Programm standen drei komplexe und überaus anspruchsvolle Werke. Die Sonate Nr. 6 in A-Dur von Ludwig van Beethoven conflict zwar nach der Uraufführung 1803 von der zeitgenössischen Presse als etwas «Alltägliches» betitelt worden, woraufhin Beethoven die Journalisten als «Hornochsen» beschimpfte. Hintergrund der Kritik conflict die komplexe Struktur des ersten und dritten Satzes, was man durchaus verstehen kann. In den kräftigen Passagen dominiert das Klavier mit harten Staccati, die Geige springt in schnellem Forte die Tonleiter hinauf, um oben angekommen plötzlich weiche Töne anzuspielen. Ein Gegenstück bildet der zweite Satz, ein Adagio molto espressivo. «Sehr ausdrucksstark» ist auch die perfekte Bezeichnung für Alexander Received-Ho Kim, der hier die Musik nicht nur spielt, sondern mit seinem ganzen Wesen lebt.

Narziss und die Flöte des Pan

Das zweite Werk wäre ohne die Einführung von Andrea Wiesli schwierig zu verstehen gewesen. Denn die «Mythes» von Karol Szymanowski sind anspruchsvolle impressionistische Programmmusik. Das erste Stück handelte von der Nymphe Arethusa, die von einem Flussgott verfolgt in eine Quelle verwandelt wird. Kiveli Dörken breitete als Einstieg einen Klangteppich aus, der die Zuhörer unmittelbar in eine mystische Waldlandschaft eintauchen liess, wo Schmetterlinge fröhlich durch die Lüfte tanzen und der Morgentau in wunderlichem Farbenspiel die Sonnenstrahlen widerspiegelt. Doch schon bald wurde es unheimlich, der Klangteppich wurde zum Geräusch und von der Geige conflict oft nur ein Kratzen zu vernehmen. Es folgte ein furioses Geigenspiel, das die Flucht der Arethusa erlebbar machte.

Auch im zweiten und dritten Stück zogen Received-Ho Kim und Dörken die Zuhörer mitten in die Mythen und damit in ihren Bann. Wenn sich Narziss in sein Spiegelbild verliebte und an diesem Liebeskummer zu Grunde ging, wechselte die zunächst liebliche Musik in eine lebensfeindliche Stimmung mit grollenden Klavierklängen, die durch Mark und Bein gingen. Und wenn der Gott Pan aus Baumbusrohren eine Flöte konstruierte, wurden die Klänge dieser Panflöte in den höchsten und feinsten Tönen der Geige wiedergegeben.

Fulminantes Finale

Nach diesem impressionistischen Zwischenteil folgte mit Schuberts Fantasie in C-Dur ein romantisches Stück, das nochmals die ganze Meisterschaft der Musiker unter Beweis stellte. Es ging von langen Melodiebögen aus, die von der Geige zum Klavier und wieder zurück wechselten. Nach einem beschwingten Tanz zitierte Schubert sein eigenes Lied «Sei mir gegrüsst». Der letzte Teil begann ebenfalls ruhig, mit lang anhaltenden Trillern. Dann wurde es unglaublich wild, der Geigenbogen flog nur so über die Saiten und auch der Flügel schien beinahe abzuheben. Die beiden Musikanten spielten ihre Instrumente nicht einfach, sondern sie waren eins mit ihnen und belebten mit ihnen den ganzen Raum. Das entfesselte Finale stellte damit den kräftigen Schlusspunkt eines eindrücklichen Konzerts.




5



4

Der Beitrag Ein mythisches Klangerlebnis erschien zuerst auf appenzell24.ch.

Related Articles

Stay Connected

0FollowerFolgen
0AbonnentenAbonnieren
- Advertisement -spot_img

Latest Articles