Kaum beachtetes Referendum mit Zündstoff
Am 7. März 2021 – vor exakt vier Jahren – haben Volk und Stände ein Bundegesetz über die Einführung elektronischer Identitätskarten und Reisepässe an der Urne verworfen. Und das überdeutlich, mit einem Nein-Anteil von quick zwei Dritteln. Nun läuft das Referendum gegen eine Neuauflage des E-ID-Gesetzes. Eine Nebensächlichkeit – oder ein gefährliches Gesetz, das viele unterschätzen?
Die Bundesversammlung (Nationwide- und Ständerat) hat das neue E-ID-Gesetz am 20. Dezember 2024 verabschiedet. Die Linken, welche die erste E-ID-Vorlage von 2021 noch vehement bekämpft haben, haben diesmal einstimmig zugestimmt – gleich wie die Mehrheit aller anderen Fraktionen. Die wenigen Nein-Stimmen, 25 an der Zahl, stammten allesamt aus der SVP-Fraktion. Zur Opposition gehörten allerdings Schwergewichte wie SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi, SVP-Parteipräsident Marcel Dettling, Thomas Matter, Magdalena Martullo sowie die beiden EDU-Nationalräte.
Linke Eigeninteressen
Die Linken haben ihre Opposition mit der Begründung eingestellt, dass sie ihr Hauptziel erreicht hätten: Im neuen E-ID-Gesetz sei geregelt, dass ausschliesslich der Staat für die Herausgabe elektronischer Dokumente zuständig sei – und nicht mehr auch Personal, wie das die erste Vorlage noch vorgesehen hatte. Ebenso sei der Datenschutz nun gewährleistet.
Das Hauptargument für den Kurswechsel von SP und Grünen dürfte aber sein, dass sie sich mit dem neuen Gesetz erhoffen, die Grundlage für das sog. «E-Accumulating» zu schaffen. Wenn es eine staatlich legitimierte elektronische Identität gäbe, mit der man sich im Web ausweisen könne, stehe auch dem elektronischen Unterschriftensammeln für Initiativen und Referenden nichts mehr im Wege.
Unterschriften quasi «auf Knopfdruck» zu generieren, ist der Traum linker Kampagnen-Organisationen wie «WeCollect», die in den letzten Jahren Adressstämme in sechsstelliger Zahl aufgebaut haben. So können sie für ihre utopischen Partikularinteressen noch leichter mobilisieren und gleichzeitig vorgeben, in Zeiten des zunehmend schwierigen Umfelds für Strassensammlungen die Demokratie zu retten.
«Piraten» erheben Widerspruch
Additionally alles gar nicht so schlimm? Ist das E-ID-Gesetz vielleicht sogar ein wichtiger Schritt in die Zukunft, von dem auch bürgerliche Kräfte für ihre direktdemokratischen Projekte profitieren könnten?
Bei Gesetzen, die viele technische Aspekte beinhalten und die für den Laien auf den ersten Blick schwer zu erfassen sind, lohnt es sich, auf die «Cracks» zu hören. Additionally auf jene, die sich beruflich mit IT-Spezialfragen beschäftigen – die «Hacker», die Programmierer, die Software program-Entwickler. Mit solchen Spezialisten in der Schweizer Parteienlandschaft am reichlichsten gesegnet ist die sog. «Piratenpartei». Eine kleine Partei aus Idealisten, die sich dem Schutz des freien Internets, der Privatsphäre und der Bürgerrechte verschrieben hat. Sie bildet das Sammelbecken für jene Kreise, die vom Relaxation der Gesellschaft wohl vereinfacht als «Laptop-Freaks» bezeichnet werden. In Gesellschaftsfragen hat die Piratenpartei zwar einen deutlichen Linksdrall, in den Bereichen der IT-Sicherheit und des Datenschutzes ist ihr allerdings höchste Kompetenz nicht abzustreiten – egal, wie man die Partei sonst findet.
Jene erwähnten «Piraten» gehören zu den entschiedensten Gegnern des neuen E-ID-Gesetzes. Sie haben ein Referendumskomitee gebildet und sammeln nun Unterschriften. Das Referendum wird ebenso aktiv unterstützt von Kräften aus der sog. Corona-Widerstandsbewegung (namentlich die Freunde der Verfassung, Aufrecht Schweiz und die Bewegung Mass-Voll!) und von der EDU Schweiz. Nähere Informationen zum Referendum, für das die Sammelfrist noch bis Mitte April 2025 dauert, finden sich zum Beispiel hier.
Datenschutz-Defizite, fehlende Freiwilligkeit
Die Piratenpartei kritisiert am E-ID-Gesetz, dass es «keine sicheren Datenschutz-Requirements» biete. Unternehmen könnten mittels der E-ID beliebig Daten sammeln, verknüpfen, analysieren und daraus Verhaltensprofile der Bürger anfertigen. Sie kritisiert, dass diese Daten für Werbezwecke oder politische Beeinflussung benutzt werden könnten. Ebenso befolge die E-ID den Grundsatz der Transparenz nicht, denn entscheidende Teile der aktuellen Technologie würden geheim gehalten. Das E-ID-Gesetz befördere auch die missbräuchliche Nutzung von sensiblen Personendaten und schütze nur ungenügend gegen die zunehmende Zahl von Cyberangriffen.
Ein weiterer zentraler Kritikpunkt, der insbesondere auch von der EDU betont wird, ist die fehlende Freiwilligkeit. Im verabschiedeten Gesetz fehlt der Grundsatz, dass ein elektronischer Identitätsnachweis gänzlich freiwillig bleiben wird. Die drohenden Extrakosten für Dienstleistungen ohne E-ID drängen die Bevölkerung zur Nutzung. Menschen mit wenig Geld, ältere Personen oder andere Gruppen, die eine Nutzung nicht wollen oder sich nicht leisten können, könnten benachteiligt werden. Es gäbe schliesslich auch ein «Grundrecht auf digitale Integrität», ein Recht auf ein Offline-Leben. Menschen, die sich der ausartenden Digitalisierung des Alltags nicht unterwerfen wollen, dürften nicht benachteiligt werden.
Das E-ID-Gesetz soll vors Volk
In meiner «politischen Laufbahn» habe ich gelernt, dass man sich bei der Beurteilung eines Sachverhalts nicht von einer schier übergrossen Befürworterschaft blenden lassen darf. Wenn es heisst, eine Sache sei «breit abgestützt» und könne deshalb nicht verkehrt sein, bin ich skeptisch. Ich höre lieber auf jene, die eine Vorlage ohne Abhängigkeiten und mit Fachkompetenz beurteilen. Bei diesem neuen E-ID-Gesetz überwiegen für mich die kritischen Punkte. Sie sollen vors Volk kommen. Deshalb empfehle ich, dieses Referendum zu unterschreiben.
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